Die politische Dimension der Kriminalwissenschaft

Die Kriminalwissenschaft hat seit ihrer Institutionalisierung um 1900 eine ausgeprägt politische Dimension. Dies gilt für die Kriminologie gleichermaßen wie für die Kriminalistik: Die Frage, wie der Staat mit Menschen verfahren soll, die sich nicht an die Gesetze halten, ist nicht allein eine wissenschaftliche, sondern auch eine gesellschaftspolitische und sollte daher in einer Demokratie breit diskutiert werden. In den Forschungen der sogenannten Grazer Schule der Kriminologie spiegeln sich seit ihrer Begründung durch Hans Gross politische und weltanschauliche Positionen wider, und einer ihrer Vertreter, Adolf Lenz, war auch als ranghoher Politiker tätig. Paradigmatisch lässt sich anhand der Grazer Schule die Position eines Forschungsfeldes zwischen Wissenschaft und Ideologie ausloten – jeder der Institutsleiter, so formulierte das der Schriftsteller Gerhard Roth, passte letztlich genau in seine Zeit. Die historische Analyse macht die Genese von Problemfeldern deutlich, die auch heute noch von Relevanz und aktuell sind.

Mit Christian Bachhiesl, Historiker, Althistoriker und Jurist, Kustos und Kurator des Hans Gross Kriminalmuseums (Universitätsmuseen), Lektor am Institut für Geschichte und am Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie der Karl-Franzens-Universität Graz. Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftsgeschichte, Geschichte der Kriminologie, Geschichte des Reisens. Autor und Herausgeber zahlreicher Fachbücher und Zeitschriftenbeiträge. Mitglied im Editorial Board mehrerer kriminalwissenschaftlicher Fachzeitschriften und des Wissensnetzwerk Austria-Forum. Ordentliches Mitglied der Historischen Landeskommission für Steiermark. Aktuelles Publikationsprojekt: „Freiheit und Wissenschaft. Interdisziplinärer Kongress mit einem altertumswissenschaftlichem Schwerpunkt“ (Weilerswist: Velbrück, erscheint voraussichtlich im Juni 2022).

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